Tarquinia

DIE STADT VOM MITTELALTER BIS HEUTE

Die neue Stadt, mit Namen Corneto, liegt auf der Westseite des Monterozzi-Hügels, wo wahrscheinlich auch früher schon ein kleiner Ort lag. Der Ursprung des Namens ist nicht sicher; vielleicht stammt er von den Kornelkirschsträuchern (ital.: corniolo), die hier so zahlreich wachsen, daß sie sogar zum Wappensymbol der Stadt wurden.

Corneto erstreckte sich anfangs nur auf der heutigen Nordseite der Anhöhe. Zwischen dem 9. und 10. Jahrhundert erhielt es eine mächtige Stadtmauer aus Kalksteinblöcken, bis auf die Nordostseite , wo die steil abfallenden Felsen einen Zugang unmöglich machten.

Im 12. Jahrhundert erklärte sich die Stadt selbst zur Stadtrepublik. Im Jahre 1245 leistete sie der Belagerung Friedrichs II. erfolgreich Widerstand, dagegen mußte sie bei den Belagerungen der Albornoz und der unter Giordano Orsini (1355) kapitulieren. Nach verschiedenen anderen Ereignissen wurde sie dem Pontifikalstaat angegliedert, zu dem sie dann bis zum Jahre 1870 gehörte (mit Ausnahme einer kurzen Zeitspanne, als sie Ende des 18. Jhdts. zuerst von den Franzosen, dann von den Engländern eingenommen wurde; außerdem fiel sie im frühen 19. Jhdt. unter die Herrschaft Napoleons).

Im Jahre 1872 wurde der Name zu Corneto Tarquinia umgeändert, und seit 1922 hat sie wieder ihren alten Namen: Tarquinia.

Die Stadt hat noch stark mittelalterlichen Charakter bewahrt und bietet malerische und romantische Winkel mit ihren charakteristischen Türmen (18 sind noch vollständig erhalten, von 20 besteht nur noch der untere Teil), den schönen Kirchen, den Straßen in den alten Vierteln. Hier sind die hellen Farben des Kalksteins vorherrschend; ab und zu unterstreicht grauer Tuffstein die klaren architektonischen Formen.

DIE GRÄBERSTADT

Die Gräberstadt, die Nekropole von Tarquinia, befindet sich auf den Anhöhen rings um den Civita-Hügel, dort, wo einst die alte Stadt lag. Die Gräber aus der Villanova-Zeit, die ältesten also, wurden in Poggio dell'lmpiccato, Poggio Quarto degli Archi, Poggio Seiciatello, Poggio Gallinaro sowie in Civitucola und Monterozzi gefunden, aber auch im Bereich der Nekropolen aus historischer Zeit, ferner in unmittelbarer Nähe der heutigen Stadt, in «Le Rose». Es handelte sich um Erdbestattungen (9.-8. Jhdt. v. Chr.). Die Beisetzung erfolgte, samt Grabbeigaben, in den charakteristischen bikonischen Urnen, oder in Urnen in einer hüttenähnlichen Form. Im Lauf des 8. Jhdts. kamen auch andere Formen der Bestattung hinzu. Das späte 8. bis frühe 7. Jhdt. bietet die ersten Beispiele für den orientalisierenden Stil (der Name ergibt sich durch die aus dem Orient stammenden Objekte der Darstellung); oft handelte es sich aber um Nachahmungen oder einen vage orientalischen Geschmack. In dieser Zeit bestanden die Grabstätten der Vornehmen aus in den Fels gehauenen Gräbern oder aus kleinen Tumulus-Gräbern, zu denen man über eine Treppe gelangte. Andere Gräber waren in der Art großer Kammern angelegt, die mit grauem Tuffstein oder «macco», einem örtlich vorkommenden Kalkstein, verkleidet waren. Zwei Tumuli mit Ausgestaltung im spätorientalisierenden Stil wurden in Doganaccia, südlich von Monterozzi gefunden.

Im frühen 6. Jhdt. v,. Chr. entstehen dann die ersten bemalten Gräber. Ihr Wert ist nicht nur rein ästhetischer Art: die Wandgemälde machen uns nämlich nicht nur mit den Sitten und Gebräuchen der Etrusker bekannt, sondern sie verschaffen uns auch einen Einblick in die griechische Malerei, von der uns fast nichts erhalten blieb. Die Nekropolen von Monterozzi, südöstlich von Tarquinia gelegen, erstrecken sich über eine Fläche von fast 750 Hektar und bergen Tausende von Gräbern; die meisten von ihnen kann man allerdings nicht besichtigen. Es gibt ungefähr 150 bemalte Gräber in Tarquinia, von denen wir Kenntnis haben, aber nur 60 von ihnen sind mehr oder weniger gut erhalten; zu besichtigen sind bedeutend weniger. Die Gräber sind in ihren architektonischen Formen sehr einfach - im Gegensatz zu denen in Cerveteri. Meistens bestehen sie nur aus einer in den Tuff gehauenen Grabkammer, zu der oft ein unterirdischer Gang führte. Während die architektonischen Verzierungen in Cerveteri in den Tuff gemeisselt wurden, sind hier Pfeiler, Türen, Rahmen und Architrave ganz bunt in den lebhaftesten Farben gemalt. Natürlich sind die Wandmalereien von größtem Interesse; meistens sind sie auf einem dünnen Bewurf aus Putz ausgeführt; die Decke besteht aus zwei schrägen Flächen mit Mittelbalken - hier wurden die Farben direkt auf den Kalkfelsen aufgetragen. Die Unterteilung der Szenen erfolgte durch geritzte Linien, die Umrisse der Figuren, die mit Sicherheit ohne Vorlage entstanden, durch rote Linien, nur selten auch von einer geritzten Linie begleitet. Bei den älteren Fresken war die Farbskala ziemlich begrenzt, sie beschränkte sich auf Weiß (Kalkweiß oder Spanischweiß), auf Rot und Rosa (Eisenoxyd), hinzu kamen Grün, Blau, Ocker, sowie alle Farben, die aus einer Mischung der Zentralfarben enstanden.

 

Beim Grab Tomba delle Pantere (= Panther), (580-570 v. Chr.) bleibt die Ausmalung auf die Giebel beschränkt; hier finden wir Tierdarstellungen, deren Körperumrisse durch rote Linien entstanden, ferner kleine rote Kreise mit einem Punkt in der Mitte - hier ist der korinthische Einfluß deutlich erkennbar.

In den Gräbern «Fiore di Loto» (= Lotusblüte), «Leoni di Giada» (= Jadelöwen), «Leoni Rossi» (= Rote Löwen) «Tritoni» (= Tritonen) dient die Farbe zur Betonung der architektonischen Strukturen, zum Beispiel durch blaue, rote, grüne und schwarze Bänder.