Sovana

Die Zeit der Antike

Das Gebiet von Sovana weist die gleichen typischen Merkmale auf wie die anderen größeren Orte auf den Hügeln.

Die ersten sporadischen Anzeichen von Wohnsiedlungen finden sich von der Jungsteinzeit bis zur Bronzezeit.

Gegen Ende der Bronzezeit (ca. 1000 v. Chr.) entwickelten sich die ersten stabilen und anwachsenden Siedlungen.

Die archäologischen Ausgrabungen haben bewiesen, daß schon zu dieser Zeit in Sovana eine Ansiedlung existierte, die ähnliche Merkmale aufweist wie die analogen Siedlungen, die in Poggio Buco und San Giovenale (im oberen Latium) gefunden worden sind.  

 

Mit Beginn der Eisenzeit wurden diese Zentren plötzlich verlassen, um erst wieder gegen Ende der Villanovazeit (IX-VIII. Jhdt. v. Chr.), gleichzeitig mit dem Erscheinen etru skischer Niederlassungen, wieder besiedelt zu werden.

Auf dem Plateau unterhalb der Kathedrale von Sovana kam bei Ausgrabungsarbeiten eine frühgeschichtli ehe Ansiedlung zum Vorschein, die aus großen, ekliptisch geformten Wohnstätten bestand, die an den Gruben und Stützpfählen zu erkennen sind.

Das etruskische Suana (oder Suama) war ein Zentrum mittlerer Bedeutung, im Handel mit Vulci verbunden und kulturell mit dem Gebiet des nahegelegenen Bolsenasees.

Wie seine monumentalen Nekropolen bezeugen, hat Sovana den Höhepunkt seines Wachstums etwa im vierten und dritten Jahrhundert vor Christus erreicht; auch während der Zeit der Romanisierung hielt seine Blüte noch an.

Dennoch scheint der etruskische Charakter und die etruskische Kultur von Sovana (und dies gilt auch für die umliegenden anderen Zentren) kaum von der römischen Kolonisierung berührt worden zu sein, sodaß der Ort seine historische Kontinuität bewahren konnte, ohne je zu verfallen oder verlassen zu werden, wie es zahlreichen anderen etruskischen Orten, die sogar bedeutender waren als Sovana, geschehen ist.

Die zahlreichen etruskischen Inschriften, die auf die Zeit der Kolonisierung zurückgehen, zeigen, daß die Sprache und Kultur des Volkes noch lebendig waren und praktiziert wurden.

 

Die Zeit Christiansierung und Mittelalter

Sovana wurde schon im 4. Chr. zum Bischofssitz, und damit zum wichtigen Bezugspunkt im Prozeß der Christianisierung der südlichen Toskana. Auch deshalb wählten die Albobrandeschi die Stadt als Hauptort ihrer Grafschaft (935), die sich vom Amiata aus über die gesamte Maremma erstreckte.

Das Gebiet der Hügel wurde zum bevorzugten Ziel von Eremiten und Asketen, die mit ihrem Lebensstil zur Verbreitung des Christentums beitrugen: Allein in Sovana gibt es vier Felsen-Einsiedeleien.

Nach beglaubigter Überlieferung wurde im II. Jhdt. in Sovana Papst Gregor VII geboren, Hildebrando aus Sovana, dessen Name auf die Familie Aldobrandeschi verweist.

Gregor VII wurde zur Schlüsselfigur in der Auseinandersetzung zwischen Kirche und Reich, zwischen spiritueller Autorität und weltlicher Macht: die Demütigung, die Heinrich IV in Canossa erlitt, ist das historische Ereignis, das unwiderruflich die Vormacht des Papsttums über die Macht der Kaiser während des Investiturstreits bewies.

Vom 13. Jhdt. an begann in der Grafschaft ein rapider Prozeß der Zersetzung und der inneren Kämpfe, der seinen Höhepunkt in der Schlacht von Montaperti (1260) zwischen den Weifen von Sovana und den Ghibellinen von Santa Fiora fand.

1312 ging Sovana in dem Besitz der Grafen Orsini über, bis die Stadt

1410 von Heer der Republik Siena erobert wurde.

Sovana, das bis dahin eines der größten Zentren der Maremma gewesen war, erlebte einen langsamen Prozeß des Verfalls, der seine Bevölkerung, die nunmehr zu Armut und Elend verdammt war, dezimierte.

Weitere Kriege, Plünderungen und die Reduzierung der Bevölkerung, und schließlich die Malaria machten Sovana zu einem verlassenen und dem Verfall anheim gegeben Ort.

Nicht einmal der Versuch der Medici, die Stadt mit einer Kolonie von eingwanderten Griechen wieder zu besiedeln, brachte den gewünschten Erfolg.

Diese Versuche wurden von den Lothringern wiederholt, jedoch eine erneute Malaria-Epidemie dezimierte ein weiteres Mal die schon schwache Bevölkerung.

Somit zählte Sovana im 19. Jhdt. nur 110 Einwohner, und nur der erst kurz zurückliegenden Entdeckung seiner antiken Monumente ist es zu verdanken, daß die Stadt nach Jahrhunderten des Vergessens ins Leben zurückkehrte.

 

Die Kirche S. Maria

Auf der linken Seite des Platzes, gegenüben vom Palazzo Pretorio, steht die Kirche S. Maria aus dem 12. - 13. Jhdt.

Die Stirnseite und der ursprüngliche Eingang, die heute verloren gegangen sind, befanden sich dort, wo jetzt der Palazzo Bourbon del Monte steht.

Die Kirche hat drei Schiffe, die durch polygonale Säulen, die weiträumigen Bögen stützen, voneinander getrennt sind. Als Hauptaltar finden wir ein seltenes vorromanisches Ziborium aus dem 8. Jhdt., das in der gesamten Toskana einzigartig ist das berühmteste und wertvollste Stück dieser Kirche, die von einer Atmosphäre schlichter Devotion geprägt ist.

Das Ziborium aus weißem Marmor besteht aus vier Säulen mit Kapitellen im korinthischen Stil, die von einer achteckigen konischen Kuppel gekrönt sind. Die auf den Säulen ruhenden flachen Bögen sind elegant mit geometrischen, florealen und faunistichen Motiven im Halbrelief dekoriert (Weinranken, Opferschalen, Tauben und Spiralen).

Man mimmt an, daß das Ziborium nach den Restaurierungsarbeiten am Dom von Sovana, wo es sich bis zum II.-12. Jhdt. befand, in diese Kirche gebracht wurde.

Eine Reihe wertvoller Fresken schmücken das Innere der Kirche. In der kleinen Kappelle, die dem Eingang gegenüber liegt, sieht man einige Fresken aus dem 15. Jhdt., aus der Schule von Siena; in der Wölbung der segnende Gottvater mit den vier Evangelisten in den vier Ecken; an der rechten Wand sind drei Heilige dargestellt) während auf der Außenfläche des Eingangsbogens der Kappelle sich zwei.Fresken mit Szenen aus dem Leben der Muttergottes befinden.

 

In der Nische rechts vom Haupteingang sieht man ein Fresko, das der Schule des Andrea del Niccolö zugeschrieben wird, eines senesischen Malers der frühen Renaissance: Die Madonna mit dem Kind zwischen S. Barbara und S. Lucia, aus dem Jahre 1508. An den Seitenwänden der Nische erkennt man S. Sebastian und S. Mamiliano.

In der anderen Nische links vom Eingang ist eine Kreuzigung dargestellt, mit S. Anton und S. Lorenz zu Christi Seint. An der Rückwand befindet sich ein großes Wandfresko mit einer weiteren Kreuzigungsszene mit S. Maria und S. Johannes und, an den beiden Seiten, S. Gregor und S. Anton.

Einige römische Marksteine aus der spatrepublikanischen Epoche mit Grabinschriften sind in der anderen Ecke der Kirche zu sehen.  

Der Dom

Am westlichen Ende des Ortes, in einer das Tal dominierendenposition, befindet sich der Dom, das bedeutendste Monument des Mittelalters in Sovana, der S. Peter und Paul geweiht ist.

Es handelt sich hier um das seltene Exemplar einer Kathedrale im romanisch-gotischen Stil, einzigartig in seiner Art, vor allem wegen des besonderen künstlerischen Wertes der dekorativen Steinmetzarbeiten und der eigenartigen, aber harmonischen architektonischen Formen in ihrem Innenraum.

Eine erste Bauform scheint bereits auf das 9- Jhdt. zurückzugehen. Mit Sicherheit bestand die Kirche im II. Jhdt., wie eine päpstliche Bulle von Niccolö II. beweist.

Später wurde das Gebaude in mehreren Baumaßnahmen (vom 12. bis zum 14. Jhdt.) in seinem Aussehen verändert, bis es schließlich seine heutige Form erhielt.

Am meisten wird sicherlich an der Kirche ihr vollendetes Portal aus Marmor bewundert, dessen eindeutig gotisch beeinflußte Dekorationen noch heute eine Spiritualität wachrufen, die von subtil geheimnisvoller Symbolik durchdrungen ist.

Das Portal besteht aus einem ersten, äußeren Bogen, in dessen oberer Hälfte die Seele eines Menschen dargestellt ist, die Zum Himmel aufsteigt.

In mittleren Teil des BogenS befinden sich zwei stilisierte, monströse Löwenköpfe, die dort symbolisch zur Wache über den heiligen Ort angebracht sind.

Im unteren Teil des Bogens sind verschiendene symbolische Motive in dem Stein gemeißelt, unten links: Eine doppelschweifige Sirene, eine  

 

menschliche Figur aus Spiralen, zwei einander gegenüber stehende Pfauen, eine Rose in einem Kreis. Unten rechts sieht man einen Krieger zu Pferd mit erhobenem Schwert und eine Reihe geometrischer Motive von ineinander verschränkten Kreisen.

Innerhalb dieses Bogens befindet sich ein zweiter Bogen, der aus zwei schlanken Säulen mit korinthischen Kapitellen besteht, die vollständig von einem Spiralmuster bedeckt sind.

Im Inneren des Portals sieht man Motive von eindeutig symbolischer Natur: mehrblättrige Blüten, einfache und verschränkte Spiralen und spiralförmige Blüten.

Die Blüten mit den offenen Blättern, im besonderen die Rose, waren in diesen Jahrhunderten das traditionelle Symbol des sich entfaltenden Lehens, mit einer Anspielung auf die metaphysische Vorstellung mehrerer Welten (Erde, Paradies, Hölle, Zwischenzustand), die eben von der Anzahl der dargestellten Blätter symbolisiert wurden.

Die Spirale war das Symbol des Lehens an sich, als alles durchdringende Energie, die, göttlich und irdisch, alles durchströmt, beeinflußt und verbindet.

Diese Symbole gehen sicherlich auf die Zeit der Antike zurück, noch vor der eigentlichen christlichen Tradition

Andere ähnliche Bildhauermotive in Blumen- oder Tierform sind überall, hier und da an den Außenmauern der Kirche zu sehen.

Das Innere des Dome ist durch eine Reihe massiver, kreuzförmiger, zweifahiger Säulen geteilt, auf denen das Kreuzgewölbe des Mittelschiffs ruht.

Von besonderem Interesse sind die Skulpturen am oberen Teil der Kapitelle, die mit den Arbeiten von S. Antimo zu vergleichen sind, und der lomhardischen Schule des II. Jhdts. zugeschrieben werden. Im lebendigen Zusammenspiel der Figuren sind biblische Szenen eingemeißelt: Adam und Eva, Moses, der das Wassen teilt, das Opfer lsaaks, der Prophet Elias, Daniel in der Löwengrube und verschiedene symboloische Tiere.

In einer Urne auf dem Altar des linken Seitenschiffs ruhen die Geheine von S. Mamiliano, dem Schutzpatron Sovanas. Vorher hefanden sich diese heiligen Reliquien in dem steinernen Sarkophag aus Travertin (15. Jhdt.), der im rechten Seitenschiff zu sehen ist, und auf dem sich die steinerne Figur des Heiligen befindet.

Sehenswert ist auch das Taufbecken von 1434 aus hehauenem Travertin, und ein Bild aus dem 17. Jhdt. von Domenico Manenti, das das Martyrium von S. Peter derstellt.

Vor dem Dom außen beginnt die via del Mezzo (oder Via del Duomo) die zur alten Porta di S. Croce führt, die heute zerstört ist, jedoch früher einmal als westlicher Eingang zum Orte diente.

An dieser Straße entlang sind Teile der etruskischen Mauer und Spuren eines etruskischen Tempelchens zu erkenne.

Weitere wichtige Reste von etruskischen Mauern und verschiedenen Bauten (5. Jndt. v. Chr.) befinden sich auf einer ausgedehnten Fläche unterhalb des Doms, auf seiner Nordseite, in der Nähe des Parkplatzes. Es handelt sich hier um Bauten aus verschiedenen Zeitepochen; einige davon dienten zur Befestigung, andere wiederum bildeten vermutlich das Areal eines antiken Tempels.

Dort, wo heute der Dom steht, befand sich vermutlich die ursprüngliche etruskische Akropolis, und wahrscheinlich bereits eine Wohnsiedlung der prähistorischen Epoche.

Dies scheint also das älteste Siedlungsgebiet gewesen zu sein, wo die erten Wohnstätten standen, aus dem einfachen Grund, weil es sich um den höchsten und am leichtesten zu verteidigenden Punkt des Felsplateaus von Sovana handelt.