Pitigliano

Aus den Ergehnissen der jüngsten Ausgrabungsarheiten (1982-83) geht hervor, daß Pitigliano schon in der Frühgeschichte während verschiedener Phasen der Bronzezeit (2000-1000 v. Chr.) besiedelt war.

Man nimmt an, daß die Entwicklung dieser Ansiedlungen sich auf die erste Bearbeitung von Metallen und der Ausnutzung der speziellen Morphologie des Territoriums konzentrierte.

Pitigliano befindet sich am Zusammenfluß dreier Wasserläufe, von Lente, Procchio und Meleta. Der Wasserreichtum und die hohe und gut zu verteidigende Lage des felsigen Hügels trugen zur Entstehung und Entwicklung kleiner, prosperierender Gemeinschaften bei.

Die zahlreichen Quellen, unterirdischen Wasseradern und die heißen Thermalquellen waren und sind heute noch wichtige Energiequellen.

Wiederholte Funde aus der ersten Eisenzeit (1000 v. Chr. ca) bezeugen die verbreitete Anwesenheit von Kleinstgemeinschaften im Territorium, die der als kulturelle Facies voretruskischer Art angesehenen Villanovazeit zugeordnet werden.

Aber um das 8. Jhdt. v. Chr. nehmen Pitigliano und seine Umgebung einen völlig neuen Aspekt an, dank des wiederholten Aufblühens stark fortschrittlicher kultureller Züge.

Wahrscheinlich war diese Veränderung das Ergebnis vielfältiger Faktoren, unter denen die Ankunft organisierter Etruskergruppen, die aus den Zentren von Vulci und Bolsena kamen, einer der wichtigsten war.

Vieles liegt noch im Dunklen, was die Herkunft des etruskischen Volkes betrifft, auch wenn eine kürzlich auf der vor Troia liegenden Insel Lemnos durchgeführte Ausgrabungskampagne eine große Menge von Inschriften auf Vasen, in einer als tyrrhenisch oder voretruskisch definierten Schrift zu Tage brachte, und so der traditionellen Legende von der östlichen Abkunft der Etrusker gehörigen Nachdruck verlieh.

Der etruskische Name Pitiglianos ist nicht bekannt; wahrscheinlich handelt es sich um Statnes (oder Staties), das in der Römerzeit zur Präfektur wurde und den Namen Statonia erhielt.

Der Name Pitigliano hingegen stammt von der Gens Petilia, einer bedeutenden römischen Familie, die ihren Namen verschiedenen Orten verliehen hat (Petilia in Kalabrien, Pitigliano in Umbrien, Rocca Pitigiana in Emilia).

Die Altstadt

Eine sicherlich einprägsame Art, Pitigliano kennenzulernen ist, es von weitem, entweder von

Madonna delle Grazie aus (die Südseite) oder von der Straße nachSovana (die Nordseite) zu betrachten.

Schon auf den ersten Blick Wirkt es sehr originell: der mittelalterliche Teil präsentiert sich vollständig erhalten, mit seinen Tuffsteinhäusem in den verschiedensten Formen, oft windschief, lang, schmal und ungewöhnlich gesetzt, mit seinen übereinandergetürmten Dächern, in einer harmonischen, aber, was die Fluchten betrifft, kompletten Unordnung.

Der langobardische Turm mit seiner zinnengekronten Spitze thront über der Stadt mit seinem unwidersprochenen Geist der alten Zeiten.

Der Tuff, ein vulkanischer Stein, ist das konstante Wahrzeichen, das überall zu finden ist: vom Fuße des Felsens bis hinauf zu seiner Spitze, wo die Häuser, der Turm, die Kirchen und jedes Gebäude unfehlbar aus dem gelblichen oder (seltener) rötlichen Tuffstein bestehen.

Das alte Eingangstor des Ortes, das einmal mit einer Zugbrücke ausgerüstet war. ist von einem massiven Wappenschild in Travertinstein gekrönt, das auf das Jahr 1545 zurückgeht und die Inschrift Gianfrancesco III. Orsini, Graf von Pitigliano, trägt.

Ein weiteres, ähnlich gestaltetes Wappen befindet sich an den Bastionen der Nordostseite der Burg. Diese großen, pompösen Wappen erinnern

an die lange, schwierige Regierungsszeit des Hauses Orsini, die hier, wie auch im Großteil der Maremma, drei Jahrhunderte andauerte.

Pitigliano im Mittelalter

Mit dero Fall des römischen Reiches begann auch für seine Provinzen der Niedergang und die zwangsweise Unterwerfung unter die Invasoren, die aus dem Norden und Osten kamen.

Es gibt in Bezug auf Pitigliano keine historischen Belege aus dem frühen Mittelalter. Trotzdem nimmt man an, daß mehr oder weniger das gesamte Hügelgebiet im mittleren Fioratal sich mindestens seit dem 8. Jhdt. n. Chr. in langobardischer Hand befunden hat.

Die langobardischen Herzöge von Lucca waren die Herren dieser Ländereien, und siedelten, wie man annimmt, die Familie Aldohrandeschi hier an, deren Herrschaft mindestens vom Jahre 862 bis 1312 dauerte.

Die letzte Erbin des Hauses Aldobrandeschi war Margherita, die Ehefrau des Guido von Montfort, des weifischen Landvogts des Königs Karl von Anjou.  

Mit dem Tode Margheritas (1312) endete daher die Dynastie der Aldobrandeschi.

Als Anastasia, die Tochter Margheritas, Romano Gentile Orsini heiratete (1293), begann die Regierungszeit und der Aufstieg der Familie Orsini, eines adligen Hauses aus Rom, das dank der Vetternwirtschaft Papst Nicolös III. (Giovanni Gaetano Orsini) zur wichtigsten Hochburg der weifischen Politik in Rom geworden war.

Die Jahrhunderte unter der Herrschaft der Orsini waren für Pitigliano und seine Bewohner gekennzeichnet durch innere Zwistigkeiten zwischen den örtlichen Herren und auch von den fortgesetzten Auseinandersetzungen mit den aggressiven Nachbarstaaten Orvieto und Siena.

Soziale Ungerechtigkeiten waren an der Tagesordnung; noch galt das jus primae noctis; es fehlte nicht an Volksaufständen, denen es in einigen Fällen sogar gelang, die Grafen Orsini aus Pitiglia'no zu vertreiben. Aber es mangelte auch unter den Orsini nicht an Persönlichkeiten wie Graf Nicolos III., die unvergessen waren wegen ihres Mutes, den sie in der Verteidigung des Landes mit heroischem und tapferen Einsatz bewiesen.

Im Jahre 1604 ging die Grafschaft Pitigliano in die Hand von Cosimo de' Medici aus Florenz über.

Schließlich wurde das Gebiet in der ersten Hälfte des 18. Jhdts. dem Großherzogtum Toskana angegliedert, unter der Regierung des Hauses Lothringen.